Staumauer Magere Au: eine Pionierleistung

Die Industrie der Stadt Freiburg mithilfe von Wasserkraft auszubauen und ihre Wasserversorgung zu verbessern, so lauteten die Zielvorgaben für den für die Errichtung der Staumauer Magere Au verantwortlichen Bauingenieur Guillaume Ritter. Das vor 150 Jahren fertiggestellte und immer noch in Betrieb stehende Bauwerk dient in Zeiten der Energiewende als Inspiration.

Die Flüsse waren – nach Mensch und Tier – eine der ersten Energiequellen, die im Kanton Freiburg genutzt wurden. Spuren von Getreidemühlen, Walkmühlen (für Häute oder Tücher) oder Mahlsteinen belegen, dass das Wasser der Galtera seit dem 13. Jahrhundert als Energiequelle diente. Im 19. Jahrhundert versuchten mehrere Ingenieure, sich die Antriebskraft der Saane zu Nutze zu machen. 1837 schlug ein Neuenburger Professor, Hugues Thomas, vor, den Fluss durch einen Tunnel unterhalb von Bürglen zu leiten. Diese Idee wurde im Laufe der folgenden Jahrzehnte immer wieder erfolglos ins Spiel gebracht. Erst 1869 begann sich ein Projekt zu konkretisieren.

Die Saane zähmen … und die Gegner

Der Freiburger Gemeinderat unterzeichnete in jenem Jahr eine Vereinbarung mit einem jungen Neuenburger Bauingenieur, Guillaume Ritter. Gegen den Kauf von rund 2900 Hektar Wald versprach Ritter, eine rund zehn Meter lange Staumauer durch die Saane in der Nähe des Klosters Magere Au zu errichten. Das Ziel? Energie zu erzeugen, um Wasser bis ins Speicherbecken von Guintzet zu pumpen, das die Haushalte, Brunnen und Hydranten der Stadt mit Trinkwasser versorgte. Die überschüssige Energie sollte an die Industriebetriebe auf der Pérolles-Ebene geliefert werden.

Zunächst musste dafür die reissende Saane gebändigt werden. Davon liess sich der junge Mann jedoch nicht einschüchtern, ganz im Gegenteil. «Die Saane kennt mich auch noch nicht», antwortete er einem Staatsrat, der ihn auf den wilden Charakter des Flusses aufmerksam machte.

Die Arbeiten begannen im Frühjahr 1870. Über 33 000 m3 Beton waren für die Errichtung des Bauwerks erforderlich, das zu den ersten seiner Art zählt, das aus diesem Material gebaut wurde. Während Kies und grober Sand für die Herstellung von Beton in der Region vorhanden waren, musste Zement aus Noiraigue im Kanton Neuenburg beschafft werden.

Zweijährige Bauzeit und zahlreiche Verzögerungen

Die Errichtung dauerte zwei Jahre, 1872 wurde die Staumauer Magere Au eingeweiht. Die Flutung erfolgte im Laufe des Jahres 1873. Der Pérolles-See enthielt damals eine Million Kubikmeter Wasser. Zu Beginn versorgte das Werk die Industriebetriebe auf der Pérolles-Ebene sowohl mit Wasser als auch mit mechanischer Kraft. Diese wurde per teledynamischem Kabel übertragen.

Elektrifizierung und Ersatz der Anlagen zu Beginn des 20. Jahrhunderts

Zwischen 1908 und 1910 wurde die Staumauer erhöht und das Ölbergwerk errichtet, das das Werk Magere Au ersetzte. Zudem wurde ein Tunnel durch den Hügel von Bürglen gegraben, um Wasser zwischen der Staumauer und dem Kraftwerk zu transportieren und so den Plan von Prof. Thomas zu konkretisieren.

Dank verschiedener Erneuerungen, Erweiterungen und Modernisierungen im Laufe des 20. Jahrhunderts ist die zweiteilige Anlage Magere Au/Ölberg auch heute noch in Betrieb. Sie liefert lokal erzeugte, nachhaltige Energie und fügt sich perfekt in die Energiestrategie ein, für die die Schweizer Bevölkerung 2017 stimmte.

Eine lokale Produktion zugunsten der Elektrifizierung

Da die geopolitische Lage eine drohende Energiemangellage befürchten lässt, ist es unerlässlich, auf eine CO2-freie, lokale Produktion zurückgreifen zu können. Ihr Ausbau, ob im Bereich Wasser-, Solar- oder Windkraft, ist umso notwendiger, je weiter die Elektrifizierung in der Schweiz voranschreitet und fossile Energien ersetzt. Dies lässt sich am Aufschwung von Elektromobilität oder Wärmepumpen ablesen, die zudem höhere Leistungen bieten.

Inspiration durch Pionierarbeit

Vor über 150 Jahren schreckte ein 34-jähriger Neuenburger Ingenieur nicht davor zurück, die Saane zu zähmen, um eine noch in den Anfängen steckende Freiburger Industrie mit Energie zu versorgen. Die Staumauer Magere Au ist das Ergebnis einer für verrückt gehaltenen Idee. Lassen wir uns von diesem Pioniergeist inspirieren, um die Energiewende erfolgreich zu meistern!

 

barrage de la Maigrauge

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