Projekt Smart Grid im Kanton Freiburg: Tests betreffend Technik und Akzeptanz der Bevölkerung
Die Entwicklung des Stromnetzes zur Unterstützung der Energiewende ist ein kurvenreicher Weg voller Unsicherheiten. Investitionen sind unvermeidlich, aber wie kann man diese optimieren? Groupe E hat in einem Quartier von Neyruz (FR) ein Projekt in Lebensgrösse durchgeführt, mit der Besonderheit, dass dieses dem Schweizer Netz entspricht, wie es in ein paar Jahren aussehen könnte: starke Installationsdichte von Photovoltaik (PV) und Wärmepumpen (WP) sowie Anstieg der Anzahl Ladestationen für Elektroautos. Es ist eine Gelegenheit, Smart Grid-Tools zu testen und zu umreissen, wie sie von der Bevölkerung angenommen werden.
Ein Villenviertel in Neyruz, wie sie in der ganzen Schweiz entstehen. Nicht ganz… zum Glück haben die Einwohner eine erhöhte Sensibilität gegenüber erneuerbaren Energien und sind Pioniere der Energiewende, welche einen Ausblick erlauben, wie die Schweiz in zehn Jahren aussehen könnte. Die Zahlen sind eindrücklich: die 257 Kunden, die von einer einzigen MS/NS-Transformatoren-Station versorgt werden, betreiben 89 Wärmepumpen, 50 PV-Anlagen und zahlreiche Ladestationen. Die Computer-Simulationen sind eindeutig. Im Jahr 2035 werden der Transformator und seine 13 Leitungen überlastet sein, ausser sie werden für Kosten von einer halben Million Franken ersetzt. Dieses Szenario könnte sich auf dem gesamten Groupe E Netz wiederholen, wobei es bei der dezentralen Produktion jetzt schon schweizweit zu den dichtesten zählt. Finanziell schwer vorstellbar, ganz zu schweigen von der grauen Energie, die für solche Infrastrukturen benötigt wird.
Die Zuverlässigkeit der Smart Meter belegen
Mit diesem Pilotprojekt hat Groupe E den Ausbau der Smart Meter in allen Wohnungen des Quartiers vorweggenommen. Schon heute unterliegt die Auslastung der Transformatorenstation Schwankungen von +750 kW bis -200 kW. Eines der ersten Ziele bestand darin, die Sichtbarkeit des Status eines gesamten Netzes anhand der von intelligenten Zählern gelieferten Informationen zu überprüfen, indem diese mit den direkt am Transformator vorgenommenen Messungen verglichen wurden. Die Resultate sind schlüssig und zeigen auf, dass es nicht nötig ist, die Messpunkte zu vervielfachen; die Nutzung des Potenzials der neuen Zähler entspricht dem Bedarf des Verteilnetzbetreibers (VNB) vollkommen.
Vergleich der Smart-Meter-Messungen mit den Messungen des Transformators
Geschätzte versus gemessene Produktion
Steuerung der Grossverbraucher
Ein weiteres Ziel des Pilotprojekts besteht aus der Flexibilisierung des Verbrauchs, d. h. aus der Verlagerung der Bedürfnisse der Grossverbraucher – WP, Boiler und Ladestationen – ohne den Komfort der Kunden zu beeinträchtigen. Im Fall des Quartiers in Neyruz konnten zum Beispiel 100 kW Spitzenlast reduziert werden, nur mit der Optimierung des Strombedarfs von Boilern. Das Potenzial ist also beträchtlich!
Was meint die Bevölkerung dazu?
Abgesehen vom technischen Aspekt wollte Groupe E die Wahrnehmung der Bewohner und ihre Annahme flexibler Massnahmen verstehen. Dazu wurde in Zusammenarbeit mit der Universität Genf bei den Teilnehmern des Pilotprojekts eine Studie vorgenommen. 80% der antwortenden Kunden sind mit dem Grundprinzip der Steuerung einverstanden. Wenn man bedenkt, dass gesetzlich nur Eigentümern die Wahl einer solchen Aktion zusteht, ist das Resultat sehr erfreulich Die wissenschaftlichen Methoden, die für die Umfragen und die Zustimmungsschritte verwendet wurden, machten es möglich, die Eigenschaften des Angebots von Groupe E zu identifizieren, welche die Akzeptanz der Kunden begünstigen. So wurde festgestellt, dass eine finanzielle Kompensation zwar wichtig, ihre Höhe aber weniger ausschlaggebend ist. Hauptsache, der Kunde versteht, wie die Steuerung funktioniert, was sie für seinen Komfort und seine Geräte bedeutet und warum sie notwendig ist. Eine Besonderheit in Bezug auf Ladestationen gilt es zu beachten: der Wunsch, die Steuerung zeitweise ablehnen zu können, wenn das Elektroauto so schnell wie möglich aufgeladen werden muss.
Eine einfache und effiziente Lösung zur Bewältigung von solaren Spitzenproduktionen
Das letzte Thema im Praxistest stellt schweizweit eine Premiere dar. Es geht um die Verwendung einer Funktion im Wechselrichter, die die Leistung in Abhängigkeit von der Netzspannung reduziert, mit einer P(U) genannten Kennlinie. So reduziert die Solaranlage ihre Produktion, wenn das lokale Netz überlastet ist. Mit einer schnell durchgeführten Programmierung wird es möglich, Kosten für die Verstärkung des Anschlusses einzusparen, welche höher sind als der entgangene Gewinn aufgrund der momentanen Leistungsverringerung.
Der Energiewandel, eine Systembetrachtung
Das Pilotprojekt von Neyruz hat konkrete Antworten geliefert, sowohl in technischer Hinsicht als auch bei den Verhaltensweisen. Ziel ist, sowohl unter finanziellen als auch ökologischen Gesichtspunkten die besten Optionen auswählen zu können, damit die Anpassung des Stromnetzes und die Energiewende möglich werden. Mit lokalen Lösungen in einem intelligenten Stromnetz können neue Produzenten und Verbraucher integriert und gleichzeitig grosse Investitionen in die Infrastruktur verzögert oder sogar vermieden werden. Dieser Ansatz fördert eine optimale Ressourcenverteilung, was allen Netznutzern zugutekommt.